Jugendstrafrecht: Strafe oder Erziehung?  

Praxiseinblick im Fach Wirtschaft und Recht am Walther-Rathenau-Gymnasium

„Warum gibt es eigentlich ein eigenes Jugendstrafrecht?“

Mit dieser Frage leitete Jugendrichter Michael Roth vom Amtsgericht Schweinfurt seinen Vortrag für die zehnten Klassen des Walther-Rathenau-Gymnasiums ein. Humorvoll erklärte der Richter mit Hilfe von wissenswerten Beispielen das Konzept, das hinter diesem Recht steht. Denn das Jugendstrafrecht wurde nicht mit dem primären Gedanken entwickelt Jugendliche zu bestrafen, sondern mit dem Erziehungsgedanken, einem Jugendlichen auf den richtigen Weg zu helfen.

Dank seiner zwanzigjährigen Berufserfahrung als Jugendrichter konnte Herr Roth an zahllosen Beispielen zeigen, wie dieses Strafrecht eingesetzt wird. Der Referent stellte dem Publikum auch Fragen im Rahmen üblicher „Jugendvergehen“, z.B. wie lange ein Mofa-Kennzeichen gültig ist oder ab wann man überhaupt strafmündig ist. Die meisten wussten, dass diese Kennzeichen jedes Jahr ab dem 1. März erneuert werden müssen und der Richter erklärte auch, dass die Polizei es einfach habe, die Kennzeichen zu kontrollieren, da diese jedes Jahr eine neue Farbe erhalten.
Ein spannender Teil des Vortrags war die Erläuterung, wie der Gedanke, eine Straftat zu begehen, überhaupt im potenziellen Täter entsteht, z.B. geplant oder spontan und welche Möglichkeiten es gibt, Jugendliche zu erziehen und zu bestrafen. Denn der Erziehungsaspekt im Jugendstrafrecht zählt viel mehr als das bloße „Wegsperren“. Ein interessantes Beispiel dafür war, dass ein Jugendlicher ein Graffiti auf eine Wand gesprüht hat und anstatt z.B. eine Geldstrafe zu bekommen, sein Werk als Bestrafung eigenhändig wieder entfernen musste. Diese Art von Strafe wird auch „Diversion“ genannt und bedeutet „Richtungsänderung“, was heißt, dass sie spezifischer auf die Tat eingeht und so zur Schadensbegrenzung führen kann, aber nicht unbedingt eine Stigmatisierung der Jugendlichen als Straftäter bedeutet.
Interessiert hörten die Schüler/-innen zu und stellen auch Rückfragen, z.B. nach den spannendsten Fällen des Richters. Dabei waren die Klassen erstaunt zu hören, dass das Schwierigste an seinen Fällen für Herrn Roth eher mit den persönlichen Lebensläufen der Jugendlichen zu tun hatte, als mit den Taten an sich.

Kinga Lekawski, G11

(AG: Schüler/-innen schreiben für die Zeitung)